Geriatrische KomplexbehandlungMerkmaleGanzheitlicher Behandlungsansatz, funktionell ausgerichtet
Die geriatrische Komplexbehandlung basiert auf dem ganzheitlichen Ansatz geriatrischer Medizin und berücksichtigt in der Behandlung älterer Patienten nicht nur organmedizinische Aspekte, sondern insbesondere auch funktionelle Beeinträchtigungen und psychosoziale Problem- und Risikokonstellationen. Ausgangspunkt der Behandlung ist eine altersgerechte, standardisierte Funktionsdiagnostik (das Geriatrische Assessment), die von einem multiprofessionell zusammengesetzten Team durchgeführt wird und nicht nur funktionelle Problembereiche aufdecken soll, sondern auch die verbliebenen funktionellen Ressourcen des älteren Patienten. Der Umfang eines standardisierten Assessments erstreckt sich dabei auf mindestens 5 Bereiche (Mobilität, Selbsthilfefähigkeit, Kognition, Emotion und soziale Versorgung). Multidimensionaler und multiprofessioneller Behandlungsprozess
Planung und Durchführung der geriatrischen Komplexbehandlung erfordern zwingend einen schriftlichen, wöchentlich aktualisierten Behandlungsplan mit regelmässigen Teambesprechungen, an denen alle Teammitglieder einschließlich der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen teilnehmen (tägliche Kurzbesprechungen sowie mindestens einmal wöchentlich eine ausführliche Teambesprechung, optimalerweise ergänzt um eine Teamvisite). In das Gesamtkonzept der Behandlung ist dabei die therapeutische Pflege durch Fachpflegepersonal zentral eingebunden, zugleich ist der Einsatz von mindestens zwei Therapeutengruppen (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie, physikalische Therapie) die Regel. Die Behandlungsleitung und Koordination des geriatrischen Teams liegt dabei in fachärztlicher Hand und erfordert aufgrund der vielfältigen und zumeist fachübergreifenden Anforderungen (internistische, neurologische, psychiatrische, orthopädische, rehabilitative, psychosoziale Problemkonstellationen) die Zusatzqualifikation 'Klinische Geriatrie'. Die geriatrische Komplexbehandlung unterscheidet sich als komplexe Teamleistung damit wesentlich von jeder Form der funktionellen Zusatz- oder Begleittherapie, die - der medikamentösen Therapie durchaus vergleichbar - einfach verordnet werden kann (vgl. hierzu OPS 8-561 Funktionsorientierte physikalische Therapie). Die geriatrische Komplexbehandlung ist damit mehr als die Summe ihrer abgrenzbaren Bestandteile, sie ist nicht ärztlich 'verordnungsfähig', sondern erfordert vom behandelnden Geriater ein umfassendes Case- und Teammanagement. Dokumentation und Qualitätssicherung
Eine geriatrische Komplexbehandlung soll bei älteren Patienten grundsätzlich, insbesondere aber bei einer akuten Erkrankung oder nach einem größeren operativen Eingriff so früh wie möglich beginnen. Im Krankenhausbereich wird dies gewährleistet durch die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung, die seit 2001 auch im amtlichen Prozedurenschlüssel zur Kodierung aufwändigerer Krankenhausleistungen aufgeführt ist (vgl. OPS 8-550, V2.0 für 2001) und seitdem für geriatrische Leistungserbringer zur Pflichtdokumentation gehört (vgl. OPS 8-550, V2.1 für 2003). Dieser Umstand hat zur Förderung von Maßnahmen der Qualitätssicherung in der Geriatrie deutlich beigetragen (GEMIDAS). Im Jahr 2004 wurde ergänzend das standardisierte geriatrische Minimal- und Basisassessment in den nicht-amtlichen Prozedurenschlüssel aufgenommen (OPS 1-77, Version für 2004). Für 2005 wurden die geforderten Mindestkriterien für die geriatrische Komplexbehandlung (OPS 8-550) weiter spezifiziert und konkretisiert (Mindestqualifikation, Mindestdauer und Mindesttherapieintensität, vgl. OPS 8-550, Version für 2005). In den nachfolgenden Jahren werden allerdings noch weitere Anpassungen erforderlich sein, um weiterhin bestehende Abbildungsschwächen zu beheben (vgl. Stellungnahme der Fachgesellschaften zum OPS für 2005, PDF). |